Nachruf
Luise (Aloisia) Greisl (01.06.1930 – 13.12.2022)
Mit großer Trauer habe ich vom Tod Luise Greisl erfahren. Zusammen mit mehreren ihrer Weg Gefährtinnen und –Gefährten haben wir sie dann, auch im Namen der "Anjagd", am Grab bläserisch verabschiedet.
Ich habe Luise vor mehr als 30 Jahren ins Herz geschlossen. Sie war eine begeisterte Jagdhornbläserin und noch so viel mehr für mich und viele andere.
Ihre Jagdhornkarriere begann vom Pferd aus in den 1970-er Jahren bei den Jagdhornbläsern Odelzhausen mit dem B-Horn, führte sie zusammen mit ihrer Tochter Annerose zum Es-Horn und zur Gründung unseres Bayerischen Parforcehornkreises Anjagd.
Wenn ich darüber nachdenke, was Luise für mich ausgemacht hat, dann denke ich an unsere erste Begegnung im Jahre 1990 in meiner „zweiten Heimat“, dem Kloster Scheyern: Da war eine interessierte, warmherzige und zugewandte Frau, die musikalisch und menschlich immer mittendrin war, ohne dabei die „Alphatier-Allüren“ an den Tag zu legen, die so manchen Übungsleiter – und ich will mich da nicht ausnehmen – auszeichneten. Sie war die zweite und dritte Stimme, die den Dampfbläsern bis in alle musikalischen Ecken folgte und dabei immer bescheiden im Hintergrund blieb. Als Übungsleiterin war sie diejenige, die den am Anfang stehenden Bläserinnen und Bläser Zuversicht gab und für die Fortgeschrittenen die sieben Siegel der Gehörbildung und der Harmonielehre brach.
Später, als ich bei und mit der Anjagd den reitjagdlichen Stil erlernen und entwickeln durfte, war ich so häufig Gast bei Luise und bin bis heute tief von ihrer warmen Herzlichkeit eingenommen. Wenn wir bei Reitjagden Phrase-par-Phrase-blasend über die Felder gelaufen sind, dann war immer diese eine stets gut gelaunte ältere Dame mit dabei. Auch wenn ich an unsere CD-Aufnahmen denke, dann sehe ich da die konzentrierte und gelassene Luise. Für aufkommenden Stress sorgten immer wir anderen. (Nicht nur) abends bei Essen, Bier und Wein war ihre heitere entspannte Zugewandtheit unser Dreh- und Angelpunkt.
Luise war immer diejenige, die uns andere mit ihrem Blick für die wirklich notwendige Hilfe tatsächlich und seelisch unterstützt hat. Bezeichnenderweise stammt aus ihrer Feder nicht etwa eine „Ode an den Jagdherrn“, sondern die Fanfare „Wasser für die Hunde“.
Sie war allerdings in erster Linie Kirchenmusikerin, die unglaublich gut an der Orgel oder am Klavier begleiten konnte und mit Begeisterung und großem Können im Chor sang. Aus Erzählungen weiß ich, wie glücklich sie im Kreise ihrer Kirchenmusiker, ganz gleich ob Laien oder Profis, aufging. Auch nachdem sie das Jagdhornblasen irgendwann im höchst fortgeschrittenen Alter beendete, begleitete sie weiter Gottesdienste an der Orgel und war Stütze des Alts im Kirchenchor.
Auch in ihren letzten Lebensjahren, als sich ihre Kreise verkleinerten, blieb sie sich treu: Sie begegnete den ihr helfenden Menschen mit so viel Freundlichkeit und konstruktiver Zuversicht, dass diese menschlich reich beschenkt wurden.
Was wird für mich bleiben von Luise? Zunächst ihre unglaublich konstruktive, herzliche Art und ihre gute Laune verbreitende feine Fröhlichkeit. Ihr Blick für andere wird mir immer ein Vorbild bleiben. Bläserisch beweist sie in meinen Augen den Grundsatz, dass sich die musikalische Qualität einer Jagdhornbläserin/eines Jagdhornbläsers nicht immer an der Produktion möglichst hoher, lauter und schneller Töne bemisst.
Gregor Steidle, 27.12.2022